Das Leben ist ein Fortsetzungsroman. Ein Kapitel abgeschlossen, ein neues begonnen. Es gibt kurze und lange Kapitel, lustige und traurige, schnelle und langsame.
Wie es scheint, bin ich gerade in einem verwirrten Kapitel. Bis vor kurzem fühlte ich mich noch gut und wusste, dass sich alles irgendwie regeln würde. Dann habe ich angefangen Yoga zu machen und seitdem bin ich einfach nur noch müde und deprimiert. Sollte Yoga nicht ausgeglichen und glücklich machen. Machen die Leute nicht Yoga, um ihre Mitte zu finden und sich dem Alltagsstress besser stellen zu können? Was ist denn falsch mit mir?
Angefangen hatte ich mit all dem Fitnesskram als ich mal im Wäscheladen stand und mich im Ganzkörperspiegel sah und das grosse Kotzen bekam. Habe keinen Spiegel zu Hause, das hat Vor- und Nachteile. Die Vorteile liegen auf der Hand, wenn man nur sein Gesicht und sich selbst nur von oben sieht, dann sieht man ungefähr fünf Kilo schlanker aus und man fühlt sich besser. Der Nachteil ist, dass der Schock umso gewaltiger kommt, wenn man sich dann mal sieht. Was natürlich auch wieder ein Vorteil sein kann. Weil wenn man sich langsam an sein fettes Ich gewöhnt, dann gewöhnt man sich. Aber wenn einem sein fettes Ich plötzlich anspringt, dann wie gesagt, gibt es einen Schock. Und den Entschluß, jetzt endlich mal etwas zu tun.
Und wie gesagt, ich erlitt einen Schock. Und erzählte sofort meiner Freundin, dass ich mich am Sonntag (wie Montag) im Fitnesstudio anmelden würde. Erzählte es dann am Sonntag auch meiner Arbeitskollegin, so dass ich ein bisschen mehr Druck hatte. Und meldete mich dann auch tatsächlich an. Nicht ohne dass ich mich den ganzen Nachhauseweg mental darauf vorbereiten musste. Ich weiß gar nicht, warum ich immer vor allem so eine große Angst hatte.
Um sicher zu gehen, dass ich auch wirklich hingehen würde, verkündete ich es lauthals im facebook. Und sagte mir immer wieder, dass ich kein Geld zu verschenken hatte und dass ich was tun müsse, um einen tollen Körper zu bekommen.
Mein erstes Mal im Fitnesstudio war eine Stunde Zumba. Nicht dass ich mich selbst wieder stundenlang überreden und motivieren musste, auch meinen Sohn spannte ich ein, mir zu versichern, dass ich doch einfach gehen sollte, und dass keiner über mich lachen würde. Und so war es auch, keiner lachte über mich, keiner beachtete mich, nur mir war es peinlich, dass ich immer zur falschen Seite tanzte. Und trotzdem fühlte ich mich riesig nach dieser ersten Zumbastunde. Nicht nur, weil Zumba ein riesengroßer Spaß ist, nein auch, weil ich mich überwunden hatte, dorthin zu gehen. Dieses gute Gefühl hielt noch zwei Tage an. Und auch nach der zweiten Stunde, fühlte ich mich großartig. Ich traute mich sogar, der Lehrerin zu erzählen, dass ich großen Spaß hatte und dass es das zweite Mal sei, dass ich das machte.
Und ich hoffte, all diese positiven Gefühle noch mit Yoga zu verstärken. Hatte ich natürlich auch wieder große Angst vor dem ersten Mal. Aber mit all meinen Endorphinen vom Zumba im Blut redete ich den Yogalehrer einfach an, der auch noch total sexy war und das süßeste Lachen der Welt hatte, dass ich das allererste Mal im meinem Leben Yoga machen würde. Nur damit er Bescheid wußte, wenn ich mich dumm anstellen würde. Und dann passierte es, nicht sofort sondern erst am nächsten Tag. Ich war total müde vom Yoga, hatte in der Nacht darauf nicht schlafen können, was die negativen Gefühle noch verstärkte...die große Genervtheit kam. Alle positiven Gefühle waren weg. Zwei Tage lang war es ganz schlimm. Aber einmal ist keinmal. Also probierte ich es drei Tage später nochmal.
Aber nicht nur, dass ich mich in den Yogalehrer verliebt hatte, er erinnerte mich auch total an meine große fatale Liebe Kfir, das gleiche Aussehen, die gleiche Figur, die gleiche Frisur und schon beim entspannenden AufdemBodenliegen überkam sie mich, die Traurigkeit. Ich merkte, wie sie in meinen Körper kroch und sich festsetzte und nicht mehr gehen wollte. Und sie blieb.
Nichtsdestotrotz will ich heute wieder zum Yoga gehen. Irgendwie bin ich doch fasziniert davon, wie so kleine Bewegungen solche großen Auswirkungen haben können. Und nach meinen Internetrecherchen habe ich gelernt, dass alle Gefühle, die während des Yoga auftauchen, Gefühle sind, die unterdrückt wurden. Nun, ich weiß ja, dass ich traurig bin, tief in mir, aber wollte ich dieses Gefühl doch eigentlich loswerden und nicht immer wieder fühlen und fühlen und fühlen. Heute will ich ihn fragen, ob man so die Traurigkeit für immer auflösen kann, dann mache ich Yoga weiter, aber wenn ich immer wieder nur traurig werde vom Yoga dann höre ich damit wieder auf und überdecke die Traurigkeit lieber mit positiven Gefühlen, die vom Zumba kommen, obwohl die natürlich mit jeder Stunde weniger werden werden und dann hilft auch Zumba nicht mehr gegen die Traurigkeit.
Was bleibt also, die Traurigkeit annehmen, akzeptieren und damit leben. Das ist wohl immer das Einzige, was am Ende bleibt. Akzeptieren und damit leben.
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