Nach dem Sex ist vor dem Sex. Vor dem Sex ist vor dem Sex und nach dem Sex ist nicht vor dem Sex. Jedenfalls bei mir ist das so. Vor dem Sex ist immer vor dem Sex und nach dem Sex ist immer nach dem Sex, niemals davor.
Nach dem Sex ist nach dem Sex. Ich verändere mich nach dem Sex, während des Sex, kurz vor dem Sex. Ich weiß das, aber immer wieder passiert es mir, dass ich Sex zulasse, obwohl ich nicht bereit bin. Und was bringt mich immer wieder dazu, es zu tun, obwohl ich nicht bereit bin? Weil ich nicht alleine in die kalte dunkle Wohnung gehen will, weil ich ein bisschen Nähe will, nicht alleine sein will, nicht alleine einschlafen will und vor allem nicht alleine aufwachen will.
Ist das pathetisch oder einfach nur unendlich traurig. Ich habe mir mein Leben selbst so eingerichtet wie es ist. Ich weiß jetzt, dass es nicht irgendwas an mir ist, sondern es ist etwas in mir, was mich einsam macht. Ich habe mich selbst einsam gemacht. Aber zu meiner Entschuldigung würde ich gerne sagen, dass ich es auch nicht besser wusste.
Ich hatte es so genossen, dass dieser junge Kerl hinter mir her war. Ich wusste ja, dass es nur um Sex ging, aber es war trotzdem schön, dieses Gefühl, dass da Einer war, der an mir interessiert war, obwohl ich soviel älter war. Zeigte das ja nur, dass ich noch schön und attraktiv war. Das er immer wieder sagte, dass wir eh nicht heiraten werden, sondern nur das Leben genießen, tat für eine Nanosekunde weh, aber er hatte ja recht. Er war auch der einzige Mann, mit dem ich mir nicht vorstellte, ihn zu heiraten. Soweit war das alles gut so wie es war bis zu dem Freitag, an dem ich mich überreden ließ, ihn mitzunehmen. Das war ein großer Fehler.
Hatte ich ihm doch gesagt, ich sei nicht wie die Anderen - was auch stimmte, ich springe nicht locker und flockig durch die Betten, ich mag es auch nicht, wenn man mich anfasst und so ganz generell gesprochen, bin ich doch ziemlich verklemmt - aber gehandelt habe ich genauso wie all die Anderen, die nicht verklemmt sind und durch die Betten springen, auf junge Typen stehen und einfach nur Sex wollen mit jemandem, der immer will und auch noch immer kann. Nur beim Sex und nach dem Sex habe ich nicht so gehandelt, habe mir nicht genommen, was ich will, sondern habe gar nichts gefühlt. Und jetzt fühle ich, dass ich mich weiter unter Wert verkauft habe, so wie ich das all mein Leben lang gemacht habe. Immer wieder unter Wert verkaufen, mich selbst wegschmeißen, anbieten und dann gebrochen sein.
Und da ich auf dem Weg bin, in jedem Fehler eine Lehre zu sehen, habe ich das erkannt, dass ich mich nicht unter Wert verkaufen muss. Dass ich nicht machen muss, was andere von mir wollen. Dass ich Nein sagen kann und auch Nein sagen muss, wenn ich Nein denke. Für mich, für meine Selbstachtung, für mein Herz. Das ist das Einzige, was am Ende bleibt. Und jetzt muss ich mir meine Selbstachtung zurückholen.
Und deswegen ist auch nach dem Sex nicht vor dem Sex, sondern immer nur nach dem Sex. Wenn man nämlich Sex hat ohne es zu wollen, einfach mit sich machen lässt, wird es kein nächstes Mal geben. Auch wenn die Typen sagen, es hätte Spaß gemacht, weiß man nicht, ob sie das auch so meinen. Aber selbst wenn sie es so sehen und man selbst es nicht so sieht, verändert sich das Verhalten. Mein Verhalten ändert sich jedesmal, auch wenn ich nicht verliebt bin, will ich trotzdem nicht, dass einfach alles vorbei ist. Und weil ich es nicht genossen habe, benehme ich mich auch so als hätte ich es nicht genossen. Und wer will schon mit einem mürrischen, sich andauernd beschwerenden kleinem Mädchen unterwegs sein. Die Männer wollen Spaß und nicht Depression. Deswegen ist für manche Frauen auch nach dem Sex vor dem Sex, wenn sie nach dem Sex sich weiter genauso fröhlich und sexy benehmen wie vor dem Sex. Aber für mich ist nach dem Sex immer nur nach dem Sex.
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