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About Shoes and Men and the imperfect Perfections

Actually I am pretty satisfied with me, myself and I and with my life apart from the occasional small dissatisfactions of every day li...

Montag, 6. Januar 2014

Ist das Alleinsein selbstgewählt?

5. Januar 2014

Ich habe einen Freund in London. Vor fast 20 Jahren habe ich mal ein Jahr in London gelebt und studiert und dort hatte ich ihn kennengelernt, an der Uni. Ich war am University College London. Davon abgesehen, dass der ganze Aufenthalt ziemlich schlecht organisiert war, weil mir niemand dabei half und weil ich gegen tausend Widerstände kämpfen musste und anstatt mir mal zu helfen, wurden mir lauter Steine in den Weg gelegt, so dass alles nur noch schwieriger wurde. Naja, das war vor fast 20 Jahren und ist nicht mehr zu ändern. Wollte ja auch nicht mehr in der Vergangenheit leben.

Auf jeden Fall hat mein Freund in London es auch total schwer, jemanden zu finden. Und er schrieb mir, dass er sich damit abgefunden hätte, alleine zu bleiben. Naja, ich will gar nicht alles zusammenfassen. Ich übersetze einfach unsere Emails.

Meine Kommentare habe ich in Klammern gesetzt und in rot markiert.

Ich schrieb ihm ein gutes erfolgreiches Neues Jahr.

Er antwortete: "Nicole - yay! Wie geht es Dir? Ich habe natürlich an Dich gedacht - wahrscheinlich hast Du besseres Wetter, wo Du bist. Wie geht es Dir? (Wenn Leute zweimal oder öfter fragen, wie es einem geht, dann freuen sie sich erstens wirklich von einem zu hören und zweitens wollen sie wirklich wissen, wie es einem geht). Hast Du irgendwas an Silvester gemacht? Ich muss immer noch für ein Examen in der ersten Woche des Jahres lernen, das ist ein bisschen ärgerlich. Ich glaube, ich werde zu alt zum Lernen, obwohl ich das schon lange sage. Weißt Du, Du bist definitiv zu alt, wenn die meisten in der Klasse halb so alt sind wie Du. Wie geht es der Familie? Hast Du irgendwas an Weihnachten gemacht? Wir haben unser Haus dekoriert wie immer (wann wirst Du uns wieder besuchen kommen?) Es ist mein erstes Weihnachten seit ein paar Jahren. Es ist schön wieder mal zu Hause zu sein. Habe nicht viel gemacht außer zu lernen. War ein paarmal im Theater - war in Musicalstimmung. (Als ich damals in London war, hatte ich ihn ins Theater und in Musicals geschleift, er ist dabei geblieben, ich war seitdem nie wieder). Wow, ist es wirklich 2014? Wo geht die Zeit bloss hin? Ich hoffe, Du hast ein bisschen Spaß."


Als ich all den Kram über Weihnachten und Silvester gelesen hatte, wurde ich ärgerlich. Ich hatte ihm schon tausendmal gesagt, dass ich all diese Feiertage nicht mag und einer der Gründe, warum ich nach Israel gegangen war, war, dass ich kein Weihnachten und kein Silvester mehr wollte. Aber man kann dem leider nicht entgehen. Naja, auf jeden Fall hat es mich dazu animiert, mal wieder all meine Gefühle rauszulassen.


Meine Antwort an ihn: "Das Wetter hier ist okay. Nur drinnen, in der Wohnung ist es kalt. (Es gibt keine Heizungen in Israel, nur eine Klimaanlage, die auch heizt, aber das kostet soviel Geld und es ist laut und sowie man sie ausschaltet, ist es wieder kalt. Alles ist kalt und nass in der Wohnung, nur der Schimmel fühlt sich wohl). Ich hasse das, aber ich erinnere mich gerade, dass es in England genauso war, immer kalt in der Wohnung (dort gab es auch keine normale Heizung) und manchmal war es drinnen kälter als draußen.

Ich habe gar nichts an Silvester gemacht. Und ich hatte Dir doch immer wieder gesagt, dass ich Weihnachten und Silvester nicht mag. (Oh, hatte ich das wirklich geschrieben? Das war sehr unnett). Einer der Gründe, warum ich nach Israel kam, war, dass ich nicht mehr dazu gezwungen sein wollte, das alles zu feiern. Ich fühle keine Verbindung zu diesen Feiertagen und besonders im Dezember fühle ich immer diese tiefe Traurigkeit und ich hasse alle Leute, die mich dazu überreden wollen, dass ich meine Einstellung ändern muss und dass es doch so toll ist, Weihnachten und Silvester oder den Geburtstag zu feiern. Wenn ich wüsste, mit wem ich das alles feiern sollte, würde ich es vielleicht ja sogar tun.

Ich denke, Du tust so viel. Gehst zum Theater und all das, und alles allein. Ich mache gar nichts allein. Ich gehe noch nicht einmal mehr zum Meer alleine. Es ist so deprimierend und ich habe das Gefühl, das Alleinsein macht mich langsam wahnsinnig. Wie gehst Du damit um? Aber Du hast wenigstens keine Probleme mit Leuten zu sprechen, wenn ich mich recht erinnere. Ich spreche kaum mit Leuten. Darum ist auch mein hebräisch immer noch schlecht. (Ich bewundere jeden, der Dinge alleine macht, alleine ins Kino oder Theater geht oder auch nur ins Cafe, Leute, die alleine reisen. Ich kann das alles nicht. Erstens bin ich dafür viel zu unorganisiert, ich würde wahrscheinlich nirgendswo ankommen, zweitens habe ich Angst davor, Leute anzusprechen. Ich will auch nicht wirklich, dass mich jemand anspricht. Wenn die Einen ansprechen und dann wieder gehen, weil die Konversation mit mir nicht prickelnd ist, dann ist das schlimmer als von vornherein mit niemandem zu reden. Ich weiß, ich weiß, das ist Weglaufen vom Leben,  Weglaufen von Möglichkeiten und Chancen und das Verhindern von Überraschungen. Also wähle ich es mir jeden Tag selbst aus, alleine zu sein und nicht mit jemandem zu reden? Es ist anstrengend für mich, mit Leuten zu reden, wenn ich sie nicht kenne. Manchmal auch, wenn ich sie kenne. Ich muss das alles vorbereiten und darüber nachdenken, wie ich die Leute anspreche und wie ich mein Anliegen erkläre. Dann bin ich so aufgeregt, dass mich niemand versteht und hinterher bin ich über mich selbst wütend, dass ich so bin wie ich bin und es nicht besser hinkriege und nicht netter sein kann. Was wieder darauf hinausläuft, dass es besser ist, mit niemandem zu reden.)

Ich versuche, mich ans Leben zu gewöhnen und an die Tatsache, dass es für mich keine Überraschungen mehr zu bieten hat, dass sich nichts ändern wird und dass ein Tag nach dem anderen vergeht bis wir letztendlich unseren letzten Tag haben...es ist sehr traurig und ohne Sinn und von Tag zu Tag ist es schwerer für mich, mit der Sinnlosigkeit des Lebens klar zu kommen. (Ich denke gerade, ob wohl deswegen manche Menschen jedes Fest, was sich ihnen bietet, feiern, weil sie eigentlich im Grunde ihres Herzens auch die Sinnlosigkeit des Lebens spüren und nicht daran erinnert werden wollen? Ich wünschte, ich könnte auch so sein, einfach vor mich hinleben ohne über die Sinnlosigkeit nachzudenken. Man braucht Liebe dafür. Nur die Liebe gibt dem Leben einem Sinn.)

Wie ist es bei Dir? Du klangst so positiv, warst auch immer positiv und ich hoffe, ich werde Dich nicht mit meiner Depression deprimieren...."
Und ich fragte noch lauter Kram über die Examen und über die Familie.


Und ich erhielt eine lange Antwort:

"Um ehrlich zu sein, fühle ich mich ähnlich wie Du und ich weiß, was Du meinst die Feiertage betreffend. Ich feiere nichts, als frei zu haben, Geschenke, Schokolade und dass die meisten Leute gute Laune haben. Ich weiß, was Du meinst, dass das Leben keine Überraschungen bereit hält, aber ich denke, dass ich was tun muss. Vielleicht hält mich das am Weitermachen. Keine Freundin oder Familie und dann denke ich, dass ich auch zu alt bin oder zu stur, um diesen Weg einzuschlagen. Ich meine, ich glaube, Du musst flexibel sein in einer Beziehung und ich war das nie. Natürlich ist es deprimierend: Ich habe ein teures Telefon (ich brauchte das in Schottland wegen des Internets), aber niemand ruft mich an oder schreibt eine SMS. Deine Email war die einzige von zweien. Die andere Email war von einer Schwester aus dem Wohnheim in Schottland. Ich spreche mit Menschen über sinnlose Dinge. Ich habe beschlossen, dass das okay für mich ist.


Gut, der Punkt ist, dass ich beschlossen habe, dass es so ist. Wie ein Mädchen mal so elegant formulierte: wenn ich mit jemandem schlafen will, muss ich wahrscheinlich dafür bezahlen. (Dieser Satz ist sooo traurig, dass es weh tut). Ich habe festgestellt, dass es nicht genug Zeit gibt im Leben, um alles zu haben und alles zu tun. Also habe ich mir überlegt, was ich will im Leben und das ist Kultur anzusammeln. Ich muss das alleine machen, aber ich warte immer noch darauf, Dich irgendwo hin auszuführen, Reisen und ein naturwissenschaftlicher Doktor. (Er ist schon ein MD, also ein Arzt mit Dr. davor)

Ja auch ich frage mich, ob ich wahnsinnig werde unter diesen Umständen, aber ich denke, es ist okay: Ich bin wahnsinnig - also akzeptiere ich es einfach. Das Gegenteil davon ist gegen sich selbst zu kämpfen und gegen sich selbst zu siegen und das ist nicht gesund.

All die Versuche, in der Gegenwart zu leben haben mich schlecht gelaunt und mürrisch gemacht (ich weiß genau, was er meint, das ständige Versuchen, jemand anders zu sein, damit man sich besser fühlt, und man schafft es doch nicht, gegen sich selbst zu kämpfen, versagt in dem Kampf gegen sich selbst und fühlt sich noch schlechter, nicht nur, weil man sich sowieso schon schlecht fühlt, weil man sich schlecht fühlt, jetzt auch noch, weil man versagt hat bei dem Versuch, sich besser zu fühlen.)


Und ich gab eine lange Antwort:

"Das alles klingt so traurig und deprimierend für mich. Sind unsere Leben so verlaufen, weil wir denken, dass wir es nicht besser verdient haben und deshalb hat sich alles so entwickelt, wie es sich entwickelt hat oder ist unser Leben so wie es vorherbestimmt ist und wir fangen an, uns damit abzufinden, damit anzufreunden? Ich bin mir noch nicht sicher, was die Wahrheit ist. Ich habe festgestellt, dass ich viele Dinge getan habe, weil ich eigentlich nicht wirklich wollte, dass sich etwas ändert oder weil ich zu faul war und teilweise auch, weil ich daran gewöhnt bin zu jammern und jammern ist so viel einfacher als etwas zu ändern. 

Wenigstens habe ich verstanden, dass man seine Persönlichkeit nicht ändern kann. Man muss sich wohl so akzeptieren, wie man ist, egal, was passiert. Scheint mir, dass der erste Schritt auf dem Weg ist, sich selbst zu lieben. Und es scheint mir, als hättest Du Deinen Weg gefunden. Aber bist Du auch glücklich? Ich meine, ist das, was Du machst auch das, was Du machen willst?

Ich glaube, in dem Moment, wenn du dafür bereit bist, ich meine WIRKLICH bereit, wirst Du jemanden finden. Ich denke, es gibt jemanden für Dich da draußen. Und für mich auch. Wir sind keine schlechten Menschen, es gibt Menschen, die viel schlimmer sind als wir, die verheiratet sind. Deshalb werden wir auch jemanden finden."

Er war nicht so richtig einverstanden mit dem was ich sagte und was ich aus seiner Email gelesen hatte:

"Danke für Deine Worte. Ich bin nicht wirklich glücklich, denke ich, aber ich bin auch nicht so deprimiert. Ich glaube zu wissen, wo ich stehe, macht mich glücklich. Ich wollte viel positiver klingen, dass ich einen Weg oder irgendwas gefunden habe. Ich wollte betonen: ich will keine Freundin oder eine Frau oder Kinder. Ich wollte mal und es stimmt, manchmal bin ich einsam, aber Freundinnen sind zu aufwendig und ich bin zu eingefahren, um mich zu ändern. Ich streite mich selten mit jemandem; wenn Du in einer Beziehung bist oder eine Familie hast, streiten die Menschen viel. Und Du kannst machen, was Du willst und wenn es nur so simple Dinge sind wie was Du im Fernsehen oder im Kino oder im Theater sehen willst (ich für meinen Teil denke, das ist sowas von Pillepalle was im Fernsehen läuft und außerdem kann man solche kleinen Konflikte lösen, in dem man einfach einen zweiten Fernseher kauft und dann also BITTE, ist das wirklich wichtiger was im Fernsehen läuft als einen Partner zu haben, der mit einem durch dick und dünn geht? Ich für mich habe eine Antwort darauf, Fernsehen ist  definitv nicht wichtiger, aber ich verstehe seinen Punkt, aber es ist ein sehr egoistischer Punkt. Es macht doch auch viel mehr Spaß z.B. gemeinsam einen Film zu sehen und die Emotionen, das gemeinsame Erlebnis zu teilen als seinen Kopf durchzusetzen, WAS man guckt. Man kann wohl nur eins, egoistisch sein und einsam oder kompromissbereit und zu zweit).

Ich glaube, bis zu einem bestimmten Punkt kann man seine Persönlichkeit ändern. Aber die Frage ist, ob man wahrhaftig zu sich selbst ist und ob es es wert ist (das glaube ich nicht, ich glaube nicht, dass Menschen sich ändern...man kann sein Verhalten ändern, aber sein Wesen nicht...) Als ich ein Teenager war, habe ich verschiedene Arten von Humor entwickelt und Wege gefunden, mit den Menschen zu reden, weil ich wollte, dass sie mich mögen. Jetzt interessiert mich das nicht mehr. 

Das kann nicht sein, dass Du ein schlechter Mensch bist und niemand dachte das, so geh diesen Weg nicht, wie Ophrah sagen würde. Schöne Mädchen haben immer ein Problem, was nicht gut aussehende Typen nicht haben. Es gibt immer Männer, die ihnen hinter her rennen, aber ungefähr 99% von ihnen wollen nur Sex. Die meisten Mädchen wollen das nicht - die Welt funktioniert verkehrt herum. (Na, da hat er aber ein wahres Wort gelassen ausgesprochen. Männer sind halt so. Sie wollen immer Sex und natürlich wollen sie Sex von schönen Frauen und nicht von hässlichen. Die Hässlichen heiraten sie dann. Die Frage, die sich daraus ergibt, wann hört der Sex auf und wann fängt die Liebe an, also wann ist es okay, Sex zu haben? Und verlieben sich Männer nicht auch manchmal nach dem Sex? Oder während des Sex oder sind sie dann doch nur in den Sex verliebt und nicht in die Frau? Und ist Schönsein ein Hindernis auf dem Weg zum Traualtar? Führt Schönsein nur ins Bett, aber nicht zur Hochzeit? Ich verliebe mich grundsätzlich beim Küssen. Deswegen ist für mich und mein Herz das Küssen schon gefährlich. )


Ich hab auch nochmal was dazu zu sagen, war ein langer Tag:

Ich habe aus Deinen Worten gelesen, dass Du alleine bist, weil Du alleine sein willst. Das ist ein ziemlich guter Grund, keinen Partner zu haben. Ich verstehe Dich, es ist schwierig, mit anderen Menschen aus zu kommen, besonders wenn sie einem nahe stehen und wenn man Angst davor hat, sie zu verlieren. Ich möchte auch nicht streiten, es erschöpft mich und schwächt mein Selbstwertgefühl, wahrscheinlich weil sowieso keins vorhanden ist. Aber nichtsdestotrotz glaube ich, dass es möglich ist, eine Beziehung zu haben, Liebe zu finden ohne permanent zu streiten. Man muss Kompromisse finden, aber nicht streiten. Eine Beziehung, die auf Liebe und Verständnis und Toleranz beruht und gegenseitigem Zuhören. Ich bin mir sicher, dass das existiert.

Ich habe so viele Jahre in dieser Beziehung festgesteckt, die gar keine war. Wir haben nicht nur einen Krieg geführt und aus jeder Schlacht in jedem Krieg bin ich mit dem Gefühl raus gegangen, die  Schlacht verloren zu haben. Aber jedesmal, wenn ich stundenlang geheult hatte, und obwohl ich wie Hölle litt, fühlte ich mich lebendig. Diese Kriege waren soviel besser als alleine zu sein. Bis ich zu dem Punkt gelangte, wo ich dachte, dass irgendwas nicht in Ordnung ist, dass es einen besseren Weg geben muss, sich lebendig zu fühlen. Und seitdem ich die Hoffnung auf ihn aufgegeben habe, finde ich auch niemand anderen mehr. Es ist als wäre mit ihm auch die Hoffnung auf Liebe gestorben. Seit einiger Zeit gehe ich noch nicht einmal mehr zu Dates. Irgendwie haben mich die Schlachten mit ihm am Leben erhalten und haben mich dazu motiviert, weiter zu machen in dem Dating Game immer mit der Hoffnung, jemanden zu finden, der mich liebt, in den ich mich verlieben würde, der mich von ihm befreit. 

Außerdem erst jetzt seitdem ich über 40 bin, ist es so viel schwieriger, jemanden zu finden. Ich wusste immer, dass das passieren würde und ich wusste auch, dass das langsam passieren würde. Aber ich würde immer noch gerne den Einen finden, der mich so akzeptiert wie ich bin und der mit mir alt werden will. Ich kann mich selbst nicht mehr sehen alleine vor dem Fernseher. Ich bin bereit für alle Kompromisse.

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